Samstag, 9. November 2013

Vom Wachsen des eigenen Selbst und den Facetten des Lebens

Inhalt:



Harold Fry wollte eigentlich nur zum nächstgelegenen Briefkasten laufen, um einen Brief einzuwerfen. Seine ehemalige Arbeitskollegin Queenie Hemnessy liegt im Sterben und wollte sich mit wenigen Zeilen von ihm verabschieden. Doch es bleibt nicht bei einer Rückantwort von Harold. Er will zu ihr. Nicht mit dem Auto, dem Bus oder anderen Fortbewegungsmitteln. Nein, Harold will die 1000 Kilometer von seiner Heimatstadt bis in das Hospiz laufen, in dem Queenie liegt. Harold hat dabei nur eine einzige Bitte an seine  Freundin. Sie soll auf ihn warten. Er komme ganz sicher. So macht sich Harold auf eine Reise, die ihn von Grund auf verändern wird. Er erlebt Dinge, die ihn nicht nur physisch, sondern auch psychisch wachsen lassen. Und am Ende dieser Reise wartet nicht nur Queenie, sondern auch die Erkenntnis dem Leben wieder einen Sinn zu geben.

Meine Meinung:
 
Rachel Joyce schickt in ihrem Roman nicht nur den Protagonisten auf eine Reise der Läuterung und Selbsterkenntnis. Auch ich war Teil dieser Pilgerreise. Und ich bin gerne mit gelaufen  Jeden Schritt den Harold Fry mit seinen zerfetzten Turnschuhen gelaufen ist, bin ich mitgegangen, habe mit ihm gelacht, geweint und Höhen und Tiefen erlebt. Die Autorin hat es geschafft mich mit der Kraft ihrer Worte  abzuholen und mitzunehmen. Je mehr ich in das Buch hinein gesogen wurde, erschien es mir, wie ein Film, der sich vor meinem inneren Auge abspielte, als eine Aneinanderreihung von Seiten. Der gekonnt flüssige Schreibstil, die Beschreibung der englischen Provinz, Frys Resümee mit seiner Vergangenheit, die Auseinandersetzung mit seiner Gegenwart, die Menschen, denen er während dieser 87 Tagen begegnet – all diese Dinge machen dieses Buch zu etwas Besonderem. Royce Stärke liegt dabei in der Kraft der Dialoge zwischen Harold, Maude und anderen Menschen, den Monologen von Harold und Maude und vor allem in den Konstruktionen ihrer Charaktere. Ich habe mich während des Lesens oft sogar etwas zu nah an den Personen gefühlt, da die Autorin immer ein kleines Stück der Figuren offenbart, die eigentlich zu intim sind, um sie preiszugeben. Von der zerrütteten Ehe Harolds und Maudes, den Lebensstrukturen der Menschen, denen Harold begegnet bis hin zu der Beziehung zu seinem Sohn David. Man sieht all diese Menschen nicht mehr als bloße Worte in einem Buch. Joyce erschafft hier wahre Menschenbilder, die ich, so wie sie sind, sofort ernst nehme und die auch lebendig für mich wirken.

Fazit:

Letztlich ist „Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry ein Buch, welches mir viele schöne Stunden breitet und gezeigt hat, dass es mehrere Möglichkeiten im Leben gibt von Neuen zu beginnen. Selbst, wenn die Situation noch so ausweglos erscheint.  

Wertung: